Hessisch Oldendorf, Hannover, Stadtoldendorf, 16. Februar 2021 – Ab dem 16. Februar beginnt das Amphibienschutzprojekt LIFE BOVAR des NABU Niedersachsen mit Artenschutzmaßnahmen in Stadtoldendorf. In Kooperation mit der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz werden geeignete Gewässer und Feuchtbereiche im Stiftungswald bearbeitet und optimiert. Profitieren werden gefährdete Arten, insbesondere die Geburtshelferkröte und der Kammmolch, deren Lebensräume sich drastisch verschlechtert haben.
Das Waldgebiet der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz nördlich von Stadtoldendorf bietet durch seine strukturelle Vielfalt Lebensraum für eine Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten. Zwei dieser Arten sind der bedrohte Kammmolch und die stark gefährdete Geburtshelferkröte. Beide Amphibien konnten bei den letzten Kartierungen im Jahr 2019 nachgewiesen werden. Während der Bestand des Kammmolches, trotz des sich bundesweit verschlechternden Trends, hier noch vergleichsweise stabil zu sein scheint, ist die Situation der Geburtshelferkröte sehr alarmierend. Ziel der Maßnahmen ist es, die Gewässervielfalt im Gebiet zu erhöhen und vorhandene Teiche und wassergefüllte Erdfälle für die Geburtshelferkröte, den Kammmolch sowie andere Amphibien und Teichbewohner zu optimieren.
Gemeinsam mit der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz wurde daher in den letzten Wochen ein Konzept erarbeitet, um die Gewässer im Stiftungswald für die beiden bedrohten Arten wieder attraktiver zu machen.
„Ein gemeinsames Konzept ist eine große Chance für beide Seiten. Es ermöglich uns, die Bedürfnisse bedrohter Arten bei unseren Planungen noch mehr mit in den Fokus zu nehmen. Zudem können wir in den nächsten Jahren weitere Anpassungen und Optimierungen im Habitatmanagement vornehmen“, erläutert Arno Meyer von Wolff, zuständiger Revierförster der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz.
Das Konzept sieht jetzt in der ersten Umsetzungsphase die Förderung und Vernetzung der Arten durch eine breite Spanne an praktischen Maßnahmen vor. Zum einen sollen bestehende Gewässer saniert, d. h. teilweise ausgebaggert und von schattenspendenden und Laub eintragenden Gehölzen befreit werden. Des Weiteren sollen an geeigneten Stellen neue Klein- und Kleinstgewässer entstehen.
Foto: Langarmbagger im Einsatz / NABU Kim Fasse
„Fischfreie besonnte Kleingewässer mit einer hohen Strukturvielfalt bieten einen optimalen Lebensraum für unsere Zielarten“, erklärt Kim Fasse, NABU-Projektmitarbeiterin. „Die Anlage mehrerer neuer Gewässer soll sich zudem positiv auf die Verbreitung der Geburtshelferkröte im Gebiet auswirken. Die Art ist im Vergleich zu anderen Amphibien, wie z. B. der Erdkröte, eher wenig wanderfreudig, was dazu führt, dass viele Populationen heute durch Faktoren wie Siedlungs- und Straßenbau zunehmend isoliert sind. Darum ist es wichtig, ihr in naher Umgebung eine möglichst große Anzahl an geeigneten Gewässern zu bieten, um abwandernde Jungtiere in ihrer Ausbreitung zu unterstützen“, so Fasse weiter.
Zu diesem Vernetzungskonzept gehört im Rahmen der Maßnahmen auch die Anlage von sogenannten Graben-taschen (auch „Wegeseitentümpel“) entlang der Waldwege. „Grabentaschen sind wertvolle Biotope für eine Vielzahl von Amphibien und Insektenlarven“, weiß Bruno Scheel, NABU-Projektmitarbeiter. „Sie dienen zum einen als Vernetzungsmaßnahme und Ausbreitungskorridore für Molch, Kröte & Co. entlang von Waldwegen. Zum anderen stellen sie gerade in Anbetracht der zunehmenden Trockenheit eine wertvolle Ressource für den Wald dar, da sie Regenwasser und Sedimente im Wald zurückhalten.“
Die Maßnahmen im Stiftungswald sind bereits die dritte Großmaßnahme im Landkreis Holzminden durch das Projekt LIFE BOVAR. Bereits Ende 2018 und im Frühjahr 2019 wurden im NABU-Steinbruch westlich von Stadtoldendorf und im Naturschutzgebiet Tuchtberg Amphibienschutzmaßnahmen umgesetzt. Torsten Maiwald von der NABU-Gruppe Holzminden erinnert sich an die Maßnahme im NABU-Steinbruch: „Ziel der Maßnahme war es, den Steinbruch wieder als einen geeigneten Lebensraum für Kammmolch und Geburtshelferkröte herzurichten. Tatsächlich konnte ich den Kammmolch in den vergangenen beiden Jahren wieder mit steigender Tendenz nachweisen und das Gebiet ist nun auch für eine Wiederansiedlung der Geburtshelferkröte gut geeignet. Ich bin optimistisch, dass sich die Amphibiensituation hier und auf den Stiftungsflächen gut entwickeln wird.“
„Wir möchten uns bereits jetzt bei allen Beteiligten für Ihre Unterstützung und die gute Kooperation bedanken. Gemeinsam leisten wir für unsere Zielarten wirklich tolle Arbeit“, so NABU-Projektleiterin Dr. Mirjam Nadjafzadeh.