25. Februar 2020
von Heike Haas
Der Schutz der Gelbbauchunke und verantwortungsvolle Kiesgewinnung auf der Fläche des Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds haben im AO Kieswerk Gimte eine lange gemeinsame Tradition. Das an der Weserschleife gelegene Kieswerk beheimatet eines von lediglich sechs Vorkommen der Art in Niedersachsen und ist das landesweit einzige im Kontakt zu einer Flussaue, die als praktisch nicht mehr vorhandener natürlicher Lebensraum (Primärlebensraum) der Gelbbauchunke gilt. Bereits im Jahr 1984 erhielt ein Teil des rund 80 Hektar umfassenden Betriebsgeländes landesweite Bedeutung durch den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten-und Naturschutz (NLWKN). Mittlerweile genießen rund 44 Hektar als FFH Gebiet besonderen Schutz auf europäischer Ebene: In der Natura2000 Gebietskulisse (https://natura2000.eea.europa.eu), dem bedeutendsten länderübergreifenden Schutzinstrument der EU für gefährdete wildlebende heimische Tier- und Pflanzenarten und ihrer natürlichen Lebensräume ist die Ballertasche gelistet.
Vorbereitung der stark verbuschten Fläche durch Mulcharbeiten mit einer umgebauten Pistenraupe / NABU Christian Höppner
Großmaßnahme zu Gunsten von Gelbbauchunke, Kreuzkröte, Kammmolch und Geburtshelferkröte
Ausgehend von und aufbauend auf die Erfahrungen der 35-jährigen Bestandschutz- und Monitoring-Maßnahmen in der Ballertasche, setzt das EU-Projekt LIFE BOVAR des NABU Niedersachsen nun eine von Zeit zu Zeit notwendige Großmaßnahme um, bei der die Neuanlage von geeigneten Laichgewässern und eine Gebietserweiterung im Vordergrund stehen. Von der Habitatmaßnahme profitieren werden, neben der Gelbbauchunke, ebenfalls die Geburtshelfer- und die Kreuzkröte sowie der Kammmolch. Projektleiter Christian Höppner vom NABU Niedersachsen: „Mit der Gebietserweiterung des bereits bestehenden Biotops von einer Fläche von 7 Hektar gewinnen wir noch zirka 2,5 Hektar hinzu.“ Der Maßnahmenkatalog beinhaltet zusätzlich zur Anlage von neuen Laichgewässern, den Zaunbau für eine extensive Beweidung durch robuste Hochlandrinder. „Diese“, so Höppner „sind wesentlicher Faktor für ein nachhaltig funktionierendes Habitat, denn ohne die ganzjährige Beweidung würde das Gelände binnen weniger Jahre wieder verbuschen und so aussehen wie vorher. Die Rinder halten die gewonnene Fläche frei von Bewuchs.“ Weiterhin bieten die Trittsiegel der Tiere schon für sich genommen optimale Lebensbedingungen für verschiedene Entwicklungsstadien der zu schützenden Amphibien.
Erweiterung des bestehenden Weidezauns sowie der Beweidungsfläche um rund 2,5 ha / NABU Christian Höppner
Beweidung mit robusten Rindern und Kühen / NABU Christian Höppner
Immer den Maschinen hinterher: Lebensraum Kieswerk
Lediglich 10 % der natürlichen Auenlandschaften, die mit der ihnen eigenen natürlichen Dynamik den primären Lebensraum der Amphibien ausmachen, sind in der Bundesrepublik noch erhalten. In der Ballertasche, auf den Flächen des Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds, haben Kreuzkröte & Co. jedoch einen optimalen sekundären Lebensraum gefunden. Vor allem Gelbbauchunke und Kreuzkröte benötigen zum Laichen temporäre, etwa 15 Zentimeter tiefe, Tümpel, wie sie etwa dort neu entstehen, wo Maschinen unterwegs sind. Grabbare Sandhügel, wie sie der Abbaubetrieb schafft, liebt zusätzlich zum Beispiel die Geburtshelferkröte als Landlebensraum. „Dank der jahrzehntelangen, vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen dem Landkreis Göttingen als Naturschutzbehörde, der Klosterkammer Hannover, der Firma August Oppermann Kiesgewinnungs-und Vertriebs-GmbH und der ehrenamtlichen Gebietsbetreuerin Helga Zeddies, ist es hier in der Ballertasche möglich geworden, ein einzigartiges Projekt in der Region zu realisieren“, so Christian Höppner (NABU). Und so gibt es für Gelbbauchunke, Kreuzkröte und Co. in diesem Jahr ein Frühlingserwachen der besonderen Art und es gilt: Zuzug ist ausdrücklich erwünscht!
Ausbaggern einer ehemaligen Spülrinne, durch die das Wasser während des Betriebs nach abscheiden des Spülsandes zurückgeflossen ist. Hier fanden sich bis vor
einigen Jahren Fortpflanzungsgewässer der Geburtshelferkröte, die jetzt wiederhergestellt sind / NABU Christian Höppner